Es ist zum Verzweifeln. Wieder stark mitgespielt, phasenweise dominiert – und am Ende doch mit leeren Händen dagestanden. Nicht, weil der Gegner so übermächtig war, sondern weil das Elementarste fehlte: Tore. Dieser simple, brutale Befund begleitet den ERC in dieser Saison wie ein Schatten.
Seit Mark French & Tim Regan das Ruder übernommen hat, ist der Panther-Hockeystil klar erkennbar: schnell, zielstrebig, mit hohem Shot-Volumen. Der Aufwand ist enorm, die Arbeitsmoral unbestritten. Wenn es funktioniert, ist das attraktiv. Wenn nicht, treibt es einen zur Verzweiflung. Denn was sich durch die bisherigen Spiele zieht, ist weniger Unterlegenheit als Selbstsabotage. Gegen Mannheim, Berlin, zuletzt Köln – das waren keine Partien, in denen man chancenlos war. Im Gegenteil: Man brachte sich, so mein Eindruck, um den verdienten Lohn.
Das klingt hart, und aus Fansicht ist es immer leicht gesagt. Vorwurf an die Spieler? Keiner. Niemand vergeigt absichtlich Spiele. Aber es hilft auch nicht, die romantische Wohlfühlblase weiter zu pflegen, die sich in den letzten Monaten und Jahren gebildet hat. Fakt ist: Der ERC ist derzeit Spitzenreiter im Verschenken von Spielen. Selbst die Siege – mit Ausnahme des Auftritts gegen München – waren selten souveräne Machtdemonstrationen. Vieles war Schwerstarbeit. Das kann man positiv wenden: Früher hätte man solche Spiele vielleicht verloren. Nur: Dieser Trost nutzt sich ab, wenn die Balance zu häufig Richtung Niederlage kippt.
Gleichzeitig ist nicht alles schlecht. Wer vor der Saison realistisch hingeschaut hat, wusste: Dieser Kader, dieser Umbruch – das braucht Zeit. Der Hauptrundenplatz eins aus dem Vorjahr war Segen und Fluch zugleich, vor allem für die Erwartungshaltung. Und Hand aufs Herz: Wann hatte der ERC zuletzt eine echte Durststrecke? Gefühlt seit Merkel im Kanzleramt saß. Da ist die Sehnsucht nach einem „Sahnejahr“ verständlich – aber die Regel wird das in Ingolstadt nicht sein. Erfolg ist harte Arbeit. Und manchmal schlicht auch Glück. Beides fehlt aktuell in entscheidenden Momenten.
Nach zehn Spieltagen steht Platz zehn. Ergebnistechnisch: nachvollziehbar. Weil die Konstanz fehlt – oder genauer: weil die Unkonstanz zur Konstante geworden ist. Wer die Chancen vorne liegen lässt, macht den Gegner stark. Verunsicherung frisst sich in die Abläufe, Fehler werden eiskalt bestraft. So einfach, so bitter.
Personaldebatten? Zu früh. Nach zehn Spielen ein endgültiges Urteil zu fällen, wäre unfair. Trotzdem: Es gibt Baustellen. Und ja, das Umfeld wird schnell nervös – Fans, Sponsoren und das Umfeld. Weil man anderes gewohnt ist. Weil man mittlerweile anderes erwartet.
Intern klingt es wahrscheinlich gelassener: ein langer Prozess, der Geduld braucht. Eine Floskel? Vielleicht. Aber auch nicht falsch. Der Umbruch war massiv. Leitfiguren sind gegangen, neue Typen gekommen. Diese Gruppe muss sich finden. Dafür braucht es Vertrauen – intern vorhanden – extern, habe ich meine Zweifel.
Was es jetzt braucht? Geduld. Und die Bereitschaft, Erfolg nicht als Selbstverständlichkeit zu betrachten. Der ERC hat sich diese Geduld in den letzten Jahren verdient – auch, weil Mark French dem Klub ein klares Profil gegeben hat. Sollte es dennoch kippen, sollte eine echte Abwärtsspirale drohen, dann wird die Business-Maschinerie anlaufen. Das ist das Geschäft. Bis dahin aber gilt: Chancen nutzen, Nerven behalten, das Selbstvertrauen nicht nur dem Ergebnis überlassen.
Denn eines bleibt unbestritten: Das Material für die Top 6 ist da. Der Weg dorthin führt derzeit nicht über große Worte, sondern über kleine, nüchterne Tugenden. Effizienz vor Ästhetik. Kampf & Opferbereitschaft vor Tristesse, Kaltblütigkeit vor Kurzweil.
Euer Markus Schäfer „aka Nachbar“
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